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Punksplitter
Hannover 1980: Rote Kuh

1980: ... und es blieb wieder nur die "Rote Kuh"

Gelas Erinnerungen (5)

von

Anfang 1980 lernte ich Face näher kennen. Weil er eine Zeitlang in den Knast mußte, hatte er seine Schallplatten bei uns deponiert. Beim Durchhören der Platten entdeckte ich Joy Division als eine meiner Lieblingsbands. Ich liebte auch Siouxsie and the Banshees und The Damned ganz besonders.

In der Rotation traten viele Bands auf, und die Eintrittspreise waren erschwinglich. Leider war ich oft genug zu betrunken, um mich an die Konzerte zu erinnern. Noch günstiger konnte man deutsche Bands im Raschplatz Pavillion erleben. Oder Punkfestivals in der Glocksee. Um uns den Eintritt ganz zu sparen, versammelten sich mehrere von uns vor der Kasse am Eingang, und der letzte, der oft schon eine Karte hatte, schubste alle anderen mit einmal durch die Kasse in den Veranstaltungsraum. So war man wenigstens schon einmal drinnen.

Einen neuen Treffpunkt hatten wir auch wieder. Wir trafen uns nun im Filmore zum Trinken und spielten dort oft Malefiz.

Irgendwann abends wollte ich dort rein, wie immer. Hinter der Tür saß der Besitzer, schüttelte seinen Kopf und zeigte nur mit seinem Finger auf die Tür hinter mir. Es bedeutete raus! Angeblich hatten wir ein Waschbecken zerstört.

Wieder einmal waren wir auf der Suche nach einem Treffpunkt. In einer Kneipe in der List wurden wir eine Zeit lang geduldet, dann war auch dort Ende. Und wieder einmal war ich unglücklich verliebt, in Face.

Weil ich selbst unter Alkoholeinfluß oft genug ausflippte, war die Beziehung zu einem hochgradigem Alkoholiker nicht gerade empfehlenswert. Weitere Einzelheiten möchte ich hier nicht ausbreiten. Da half es auch nicht, mich danach in einen Drogensüchtigen zu verlieben.

Ich schaffte es aber, weitgehend unbeschadet aus diesem Verhältnis herauszukommen, sogar zweimal. Als ich das erste Mal mit Kaki zusammen war, hatte er mich schon so weit, auch H zu probieren. Ich gab ihm Geld, aber sein Dealer war nicht zu erreichen. Schwein gehabt.

Da wir überall Hausverbot hatten, blieb wieder nur die »Rote Kuh«. Aber auch dort hatte sich einiges geändert. Die am Wochenende immer öfter auftauchenden englischen Soldaten, die sich anfangs als Punks ausgaben, liefen nun mit engen Jeans, Poloshirts, Hosenträgern und Springerstiefeln herum und tanzten zu Ska. Sie stellten sich dazu im Kreis auf und warfen die Beine abwechselnd mit den Armen in die Mitte. Sie liebten besonders Madness. Sie nannten sich Skinheads, und Ska war für mich etwas Neues. Ich besorgte mir daraufhin einige Platten von The Beat und den Specials und auch den ursprünglichen Ska-Sound der 60er

Mir gefielen auch die Klamotten, und ich kaufte mir Schnürboots. Meinem Vater klaute ich ein Jacket und einen Hut und krempelte meine Hose um, fertig! Für mich war das kein Widerspruch zum Punk.

Auch einige der jungen Punks aus unserem Umfeld wandelten sich zum Skin, darunter auch Gitti. Skinhead zu sein reichte ihnen nicht. Sie verbanden es gleichzeitig mit rassistischer Gesinnung. Dann erzählte mir einer der englischen Skins, er wäre in der National Front. Ich hatte nun keinen Bock mehr darauf. Nach ursprünglich schwarzer Musik tanzen und rassistisch sein passte nicht. Angeblich aus der Arbeiterklasse stammen und nach Leuten treten, den es noch beschissener geht, ging schon gar nicht.

Ich hatte als Kind selbst Diskriminierung erlebt: Meine Eltern kamen nach dem Krieg aus Schlesien nach Niedersachsen und hatten alles verloren. Die Bauern gaben ungern ab, schon gar nicht an Menschen mit einem anderen Dialekt und Glauben. Ich mußte mir oft anhören, daß wir arme Leute seien, und ein älteres Mädchen lauerte mir regelmäßig auf, um mir ohne Grund eine runterzuhauen. Das hat mich geprägt.

Bei der Fachhochschule stand ich immer noch auf der Warteliste und machte alle möglichen Aushilfsjobs. Wenn genug Geld beisammen war, hörte ich auf zu arbeiten und suchte mir wieder etwas, wenn es alle war. So hatte ich regelmäßig viel Zeit. Im Sommer trampten Lena und ich nach Hamburg, wo wir bei anderen Punks übernachteten, oder nach Berlin, um in besetzten Häusern zu wohnen.

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