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Punksplitter
1978, Hannover: Vor dem Ihme-Zentrum

1977: Was mich die Schule lehrte

Gelas Erinnerungen (1)

von

1977, das Jahr in dem alles begann: Ich war 20 Jahre alt und gerade aus der Enge des Elternhauses und der dörflichen Idylle nach Hannover gezogen. Mit meiner besten Freundin teilte ich mir eine kleine Wohnung im Stadtteil Linden. Wir besuchten eine sehr alternative Schule und genossen die Freiheit der Großstadt, aber eigentlich machten wir genau das, was wir die letzten Jahre auch gemacht hatten. Wir hörten die gleiche Musik und trugen die Kleidung im selben Stil wie in den vergangenen sieben Jahren. Manchmal hatte ich das Gefühl, die Zeit wäre stehen geblieben und wir mit ihr. Das woanders bereits etwas in Gang gekommen war, hatte wir nicht bemerkt.

Im gleichen Jahr hörte ich das erste Mal etwas über PUNK. Nicht durch die Bravo und nicht durch John Peel. Meine erste Begegnung fand im Musikunterricht in der Hannoveraner Fachschule für Sozialpädagogik statt. Unser Musiklehrer brachte zwei LPs mit in den Unterricht, um sie uns vorzuspielen. Unglaublich schneller, lauter Krach.

Verunsicherung breitete sich aus, und niemand wußte etwas damit anzufangen, mir erging es nicht anders. PUNK war mir kein Begriff, und von den Sex Pistols und den Ramones hatte ich noch nie etwas gehört, aber etwas veränderte sich von nun an.

In der City erblickte ich jetzt ab und zu eine auffallende Gestalt mit zerstrubbelten, orangeroten Haaren, und im Fernsehen kam ein Film über ein Mädchen, daß sein Zimmer schwarz strich und in einem Kleid aus Mülltüten und einer Teekanne als Handtasche auf die Straße ging. Ich war fasziniert und irritiert gleichermaßen. Was war das? Noch konnte ich keine Zusammenhänge erkennen, aber ich spürte, daß etwas Neues passierte.

Ich wohnte erst seit kurzem in Hannover und fuhr am Wochenende mit meiner Freundin immer noch in die Hippie-Disco, in der ich auch schon die Nächte zubrachte, als ich noch auf dem Dorf wohnte. Selbst dorthin kamen jetzt einige Jungs mit kurzen Haaren, wo sonst nur langhaarige, teils auch bärtige Typen zu sehen waren. Das meist gespielte Lied war nun Sex and Drugs and Rock ́n Roll von Ian Dury - sonst war immer nur Musik von Stevie Wonder, Steve Miller Band, Frank Zappa u.ä. zu hören.

Außerdem gab es eine neue Disco in der Innenstadt, die »Rote Kuh«. Angeblich war es eine Punk-Disco. Dort sollte es Umkleideräume geben, wo sich die Besucher als Punks verkleiden konnten. Ich war neugierig, ob das stimmte und wie die Leute wohl aussahen. Mit meinem langhaarigen Freund besuchte ich den Laden, fand aber weder das Gerücht bestätigt, noch bekam ich besonders aufregend aussehende Menschen im Publikum zu sehen. Nur ein Typ in Lederhose meinte, mein Freund sollte doch seine schmierigen Haare von seiner Hose nehmen, weil er sie versehentlich mit dem Kopf berührte. »Na danke«, dachte ich mir, »wenn das Punk ist, dann kann ich darauf verzichten.“

Aber es ließ mich nicht los. Der Freund meiner Freundin spielte in einer Jazz-Rock-Band, und als wir ihn einmal im Proberaum besuchten, wollten wir ihn und die anderen überzeugen, doch lieber Punk zu spielen.

Es machte uns immer mehr Spaß, mit schwarz geschminkten Augen und Lippen auszugehen und uns merkwürdig zu verhalten, indem wir die Leute anstarrten. Ich hatte keine Vorbilder, was das Aussehen von Punks betraf, noch wußte ich überhaupt, ob und wo es welche gab. Ich kannte nur diesen komischen »Plastic Bertrand« aus dem Fernsehen und später dann Nina Hagen, die ich in der Rotation in Hannover sah. Ich hörte jetzt gern Patty Smith und Lou Reed.

1979 war ich mit der Fachschule fertig, wartete auf einen Studienplatz und jobbte als Aushilfe, um Geld zu verdienen, und ging oft aus. Am Wochenende fuhren wir immer noch regelmäßig in die Dorfdisco. Da wir ein Auto hatten, nahmen wir jedesmal andere Leute mit.

Einmal brachte eine Bekannte einen fremden Typen mit, der nach Punk aussah - jedenfalls so, wie ich mir dann wohl einen Punk vorstellte. Ich schwankte ihm gegenüber zwischen Ablehnung und neugierigem Interesse. Na, in der Disco dann kamen wir uns näher, und ich verliebte mich. Und so lernte ich in Folge die Punks der Stadt kennen.

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